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MODAL - Visualisierung literarischer Narrative

MODAL - Visualisierung literarischer Narrative

MODAL ist ein Tool zum Annotieren komplexer Textstrukturen. Ausgehend von der Handhabung analoger Textmarker, gibt Modal erweiterte Mittel zum Klassifizieren, Strukturieren und Sortieren von Textfragmenten. Somit ermöglicht das Programm ein einfaches Zusammentragen verknüpfter Inhalte.

Mögliche Anwendungsgebiete reichen von der Recherche mit wissenschaftlichen Texten zur inhaltlichen Auswertung literarischer Werke.

Workshop

Ausgangspunkt der Arbeit war ein gemeinsamer Workshop mit der Masterklasse der Literaturwissenschaften der Universität Hamburg. Geschaffen werden sollte ein Verständnis für die Narration, insbesondere die Narration in Uwe Timms „Johannisnacht“. Besprochen wurden verschiedene Ebenen und Theorien der Erzählperspektive. Besonders interessant erschienen dabei die interrelationalen Personenkonstellationen in Uwe Timms „Johannisnacht“.

Während des Workshops fiel auf, dass eine Diskrepanz besteht zwischen der nichtlinearen erzählten Zeit und der chronologischen Zeit, also der linearen Reihenfolge der Ereignisse.

In einer ersten analogen Iteration wurde bereits während des Workshops ein erster Versuch der Visualisierung gemacht, um anschließend in zwei weiteren Iterationen den Ansatz weiter auszuformulieren.

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Zwischen Wissenschaft und Praxis

Nach dem Hamburger Input standen verschiedene Wege offen, der wissenschaftlichen Narrationsforschung Genüge zu tun. Jedoch hat der vorangegangene Workshop mit drei Stunden des Austauschs und der gemeinsamen Arbeit nicht ausgereicht, um ein ausreichend fundiertes Verständnis für die Fragestellungen der Narratologie zu entwickeln. In der folgenden Zeit stagnierte über die Distanz die Kommunikation.

Um dennoch ein nachhaltiges Produkt als Ergebnis der gemeinsamen Arbeit vorweisen zu können, ergab sich die Gestaltung eines allgemeineren, also lebensnaheres Tools. Die wissenschaftlichen, forschenden und damit speziellen Problemstellungen der Narratologie rückten in den Hintergrund und machten Weg frei, für die Entwicklung von Ideen, die sich mit dem grundsätzlichem Aufbau und den Strukturen von Erzählungen befassten und damit trotz allem der Narratologie hilfreich sein würden.

Ein vielversprechender Ansatz erschien das Unterteilen von Uwe Timm's „Johannisnacht“ in Rahmen- und Binnenerzählungen, also in Haupt- und Nebenstränge der Erzählung. In dem Buch schien sich außerdem bereits ein Muster von Querverweisen und Referenzen zwischen den vielfachen Binnenerzählungen abzuzeichnen. Es erschien deswegen besonders interessant, diese Beziehungen/Relationen zu untersuchen und zu visualisieren.

Um diesen Gedanken eine Form zu geben und einen neue Grundlage zu schaffen, wurde das erste Kapitel des Buches ausgedruckt und die einzelnen Sätze ausgeschnitten. Auf dem Boden ausgebreitet, konnten sie in verschiedene Gruppen und Konstellationen gebracht werden, um damit ein Verständnis für die Zusammenhänge der einzelnen Bestandteile der Erzählung zu erlangen.

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Motive der Erzählung

Schnell stellte sich heraus, dass sich Rahmen- und Binnenerzählungen in „Johannisnacht“ in eine Vielzahl von Motiven einordnen lassen. Wobei Motive Personen, Gegenstände, Orte, Handlungen und alle anderen repititiven Formen sein können. Nachdem der analoge Versuch, mit Papier und Schere, dem Verständnis des Buches bereits große Dienste geleistet hatte, wurde eine schnelle digitale Skizze erstellt, die ein einfaches Tool zum durchstöbern von Texten zeigen sollte, in dem Texte bereits in Motive unterteilt sind.

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Gegen die Wand

Ausgehend von diesen Ergebnissen stand das Ziel, eine interaktive Gesamterfahrung der interrelationalen Motive der Erzählung in Uwe Timm's „Johannisnacht“ zu gestalten.

Es entstand eine Reihe an Iterationen, die versuchten mit Hilfe von Interaktionen, die Vernetzung und das Aufkommen der verschiedenen Motive im gesamten Buch aufzuzeigen.

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Alle Versuche mündeten in der Erkenntnis, dass sie zu viel wollten. Es kam wiederholend zu Konflikten, vor allem bei Doppelbelegungen von Erzählteilen mit bis zu sechs Motiven. Aber auch bei der Gesamtansicht der Erzählung und den Versuchen, alle Bestandteile sinnvoll und nachvollziehbar aufzuzeigen. Die Versuche schienen alle gegen die selbe Wand zu fahren.

Einer der Gründe für das Festfahren in den immergleichen Versuchen, war das Fehlen tatsächlicher Daten, also die nach Motiven digital annotierte Erzählung. Das von der Hamburger Seite zur Verfügung gestellte Annotations-Tool „Catma“ erwies sich als nicht leistungsstark und intuitiv genug, um den Text in der gegebenen Zeit sinngemäß zu annotieren und diese Annotierungen auszulesen.

Catma

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CATMA (Computer Assisted Textual Markup and Analysis) wird auf der velinkten Website beschrieben als Tool für Wissenschaftler, das hermeneutische, „undogmatische“ und digitale klassifizierungsbasierte Ansätze für Texte und Corpora vereint. Sowohl für einzelne Forscher, als auch für echtzeit Kollaborationen. Es biete zudem automatisierte statistische, nicht-statistische und kontextsensible Analysefunktionen.

In dem hier zu beschreibenden Ansatz fokussiert das neu gestaltete Tool vor allem auf der Vereinfachung der klassifizierenden Ansätze, um davon ausgehend Analysen möglich machen zu können. Die Kernfunktion des vorgestellten Tools ist das Annotieren von Texten, durch Klassifizieren, Strukturieren und Sortieren seiner Fragmente. Wobei die im Laufe des Prozesses bestimmte kleinste Fragmenteinheit diskussionswürdigerweise einen ganzen Satz bildet. Hauptanliegen bei dieser Einteilung war und ist die einfache Handhabbarkeit und Auswahlführung für den Nutzer im Textwerk. Diskussionswürdig ist es, weil diese Einteilung in Fällen zu grob für den wissenschaftlichen Gebrauch sein kann.

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Von Grundauf wurde der visualisierende Ansatz überdacht und damit der Weg bereitet für ein aktiv zu gebrauchendes Werkzeug, in dem sich interaktiv der Text erschlossen wird. Es ist ein Tool, das vor der Visualisierung ansetzt, diese aber nicht ausschließt.

Der Kerngedanke liegt in der Annahme, dass Texte aus Fragmenten bestehen, die sich kategorisieren bzw. klassifizieren lassen.

Statt die Fragmente im Ursprungstext durch markieren, benennen, beschreiben, kommentieren zu klassifizieren und damit jenen Ursprungstext mit Informationen zu überladen, werden die Textfragmente aus ihrem Kontext genommen und an einen neuen „Ort“ gelegt, an dem sie einen neuen Kontext bilden, der zuvor klassifiziert wurde. Das mentale Modell geht dabei zurück, auf das Ausschneiden der Textfragmente mit einer Schere. Die einzelnen Textfragmente liegen so frei und ließen sich in Kisten oder Schubladen sortieren. Der Vorteil der digitalen Version liegt hierbei neben der einfacheren und schnelleren Handhabung auch darin, dass einzelne Textfragmente mehrfach zugeordnet und damit klassifiziert und in verschiedenen Kontexten stehen können.

Die einzelnen Kontexte können isoliert betrachtet werden, bieten aber durch Verweise zur Position im Ursprungstext die Möglichkeit sie weiterhin vergleichbar im Gesamtkontext zu betrachten. Dadurch soll Aufschluss gegeben werden, wie Textfragmente innerhalb eines Corpus interkorellieren. Das Betrachten im isolierten Kontext kann vor allem bei Recherchearbeiten hilfreich sein, insbesondere, wenn das Klassifizieren texteübergreifend geschieht. Die Verweise zu den Ursprungstexten können in diesem Fall zum automatisierten Erstellen von Bibliografien und Quellverzeichnissen dienen.

Als einzige Analysemöglichkeit bietet Modal auf dem derzeitigen prototypischen Stand, das Klassifizierungsaufkommen über den Gesamttext hinweg zu betrachten. In zukünftigen Iterationen, soll hier tiefergehende Betrachtung und Verständnis ermöglicht werden.

Fachgruppe

Interfacedesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Dr. Marian Dörk foto: JS

Zugehöriger Workspace

Visualisierung literarischer Narrative

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2017